Die Tiroler Achen
Die Großache ist ein 79 km langer Fluss, der im Osten des österreichischen Bundeslandes Tirol das Leukental sowie das Achental im südlichen Chiemgaus durchfließt. Im deutschen Unterlauf gilt die Bezeichnung Tiroler Achen, die nach der deutschen Grenze nach 24 km weiter bei Grabenstätt in den Chiemsee mündet. Der Hauptzufluß ist die Tiroler Ache. Das Mündungsgebiet der Tiroler Achen ist ein einzigartiges natürliches Binnendelta mit einer Biotopvielfalt von vegetationslosen Kiesflächen bis hin zu üppigen Weichholz- und Hartholzauwäldern und wertvollen Streuwiesen im Grabenstätter Moos. Auf den Kiesflächen findet man Pionierarten, die Sandbänke und Röhrichtstandorte beherbergen seltene Arten. Auf den Streuwiesen findet man z.B. die Sibirische Schwertlilie (größtes Vorkommen in Mitteleuropa), Mehlprimel, Trollblumen, Lungen-Enzian und viele Orchideenarten.
Vor Schleching durchbricht der Fluss die Chiemgauer Alpen in einer engen Schlucht, dem Entenloch und bei Grassau erreicht die Tiroler Achen das Alpenvorland. Über den Chiemsee und die Alz gehört die Tiroler Achen zur rechten Seite des Flusssystems des Inn und damit dem der Donau, die ins Schwarze Meer mündet. Ihre wichtigsten Nebenflüsse sind nach der Fieberbrunner Ache samt ihren Nebenzuflüssen und der Reither Ache, welche im Spertental bei Aschau (Gemeinde Kirchberg) entspringt und mit dem Goinger Hausbach und dem Rettenbach auch die südliche Seite des Kaisergebirges entwässert, kurz vor Kössen die Schwarzlofer von Reit im Winkl und in Kössen der Kohlenbach mit dem Weißenbach vom Walchsee.
Die zunehmende Besiedelung des Leuken- und des Achentals, des unteren Tals der Ache, seit den 1960er Jahren führten zu einer starken Belastung der Tiroler Achen und damit auch des Chiemsees mit Abwässern. In den 1970er Jahren wurde die Güteklasse als kritisch eingestuft. Erst durch die verstärkte Kanalisierung der Anliegergemeinden und die Schaffung von modernen Klärwerken, unter anderem in Kössen und Grassau konnte die Belastung der Gewässer entscheidend verringert werden.
Das Mündungsdelta in den Chiemsee ist 1986 als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden. Das Naturschutzgebiet „Mündung der Tiroler Achen“ hat eine Fläche von 1250 km. In der Kernzone gilt ein Betretungs- und Befahrungsverbot mit einzelnen Ausnahmen für die Forstwirtschaft und die Berufsfischerei. Aufgrund der RAMSAR-Konvention wurde der Chiemsee im Jahr 2000 offiziell als Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) nach der europäischen Vogelschutz-Richtlinie ausgewiesen und an die EU-Kommision gemeldet. Seit 2005 gibt es ein von den Naturschutzbehörden und der Regierung von Oberbayern in Abstimmung mit Kommunen und Verbänden erstelltes Ruhezonenkonzept, mit dem besonders wertvolle Bereiche des Chiemseeufers ganzjährig oder zeitlich befristet geschont werden sollen. Damit soll Rücksicht auf brütende, mausernde oder überwinternde Vögel und auf die Brut- und Jungfischbereiche der Fische genommen werden.
In den Jahren 1996 bis 2001 wurde die Großache im Bereich Kirchdorf in Tirol im Rahmen des Hochwasserschutzprojektes Kirchdorf renaturiert, indem sie durch Eintiefung der Sohle und Aufweitung der Ufer mehr Abflussraum erhielt. Um auch bei 100-jährigen Hochwasserereignissen Sicherheit zu gewährleisten, wurde die Flusssohle auf einer Länge von 6,5 km um 1,8 m abgesenkt, der Flussquerschnitt auf durchschnittlich 60–100 m verbreitert. Im Flussumland wurden 20 ha Fläche für den Hochwasserrückhalt bereitgestellt. Neben Hochwasserschutz bringt diese innovative Strategie auch Zusatznutzen in Anliegen von Naturschutz und Erholung.